Hundehaltung und Hundeverhalten

Was denkt mein Hund eigentlich über mich?

Berichte aus dem wahren Leben. Von Hardi P. Schaarschmidt

Hund auf dem Sofa
Sorgen Sie von Anfang für klare Regeln, auch beim Kampf ums Sofa. Foto: H.P. Schaarschmidt

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Ist er nicht niedlich und schaut, wie süß er gucken kann. Vanessa hat ihren kleinen Liebling nun schon sechs Wochen und liest dem kleinen Racker jeden Wunsch von den Augen ab. Er bekommt immer das Neueste, was die Werbung gerade zu bieten hat. Seine Schlafdecke wird zweimal die Woche gewechselt, damit sie nicht riecht und beim Abendbrot teilt sie mit ihrem vierbeinigen Freund jedes Brot. Natürlich in genau gleichen Teilen, denn sie möchte ja fair sein.

Unser normales Essen ist schon für den Menschen ein Problem, aber das Gleiche für unsere Sofawölfe? Dies ist eine gesundheitliche Katastrophe, ein echter Alptraum.

Dabei meint Vanessa es ja mit ihrem vierbeinigen Freund eigentlich nur gut, so wie Millionen anderer Hundehalter. Sie alle sind auf der Straße der Tierliebe irgendwann einmal falsch abgebogen. Leckerlies und Futter sind aber nur ein Stiel im großen Strauß der Verfehlungen. Denn das geistige Innenleben will auch gefüttert werden, aber bitte mit den richtigen Zutaten und genau da liegt das eigentliche Problem. Wir holen all diese Tiere in unsere Welt und ignorieren meist ihre artgerechten Bedürfnisse.

Ist der kleine Racker endlich bei uns, was denkt er dann eigentlich über mich?

Ein Hund hat jede Menge Zeit, uns zu beobachten und etwas abzulesen  unser Verhalten, unsere Bewegungen, unsere Atmung und sogar unsere Stimmung. Dieser schlaue Kerl nutzt rücksichtslos unsere Schwächen aus, um zu bekommen was er will. Sie funktionieren zwar nicht so wie wir Menschen, was ja auch seltsam wäre, aber sie können dennoch Verbindungen zu Ereignissen herstellen. Klappern die Schlüssel, gehen wir Gassi, oder hat Herrchen unsere Schalen in der Hand, gibt es lecker Futter. Je nach Rasse und Veranlagung kann die Verbindung zu Ereignissen noch deutlich ausgeprägter sein… oder auch nicht. Was die schlauen Vierbeiner von uns denken, können wir auch bewusst durch unsere Körpersprache beeinflussen.

An dieser Stelle platzt natürlich fast automatisch die Frage hervor:

Was ist eigentlich Denken? 

Können das unsere Hunde überhaupt? Auf das ganze Fach-Kauderwelsch verzichten wir mal, versteht eh keiner. Wir fassen die Antwort in nur zwei Sätzen zusammen: Wenn ein Wesen eine Situation wahrnimmt/erkennt und in einer anderen Handlungsweise auf diese Erfahrung zurückgreift und seine Handlungen dadurch beeinflusst werden, so können wir diese mit ruhigem Gewissen als denken bezeichnen. Hierzu habe ich in meinem Blog Hardi Schaarschmidt vor einiger Zeit in zwei Kapiteln mit der Überschrift Können Tiere denken, Teil I und Teil II, einen Versuchsaufbau beschrieben, den jeder Hundebesitzer zu Hause nachstellen kann.

Unsere Hunde, jedenfalls die meisten, können also komplexe Zusammenhänge erkennen und in ihr Handeln einfließen lassen. Das bedeutet, die anfänglich erwähnte Vanessa hat nicht das Sagen, sondern ihr Hund bestimmt wo’s langgeht. Bei ihr sieht sich der Hund als Herr im Haus und Vanessa ist eigentlich nur dazu da, ihm das Fresschen pünktlich bereit zu stellen. Er beobachtet sie fast immer, außer wenn er zufrieden und vollgefressen auf seiner Decke schläft – die frischgewaschen nach Flieder riecht. Die meisten der Hunde-Freunde wissen einfach zu wenig über ihre Begleiter und deren wundersame Eigenwelt. Oder wissen sie, was in einem Hund vor sich geht, wenn ein Kind den vierbeinigen Freund liebevoll umarmt? Je nach Rasse und Veranlagung, nimmt jeder Hund dieses Verhalten als unterwürfig war, denn in der Hunde-Welt geht nur der niedere Rang zum höheren Rudelmitglied. Der zottelige Mitbewohner denkt, die Kinder stehen im Rudel unter ihm. Das Ergebnis ist eine Statistik in der unzählige Menschen, meist Kinder, von falsch erzogenen Hunden gebissen werden.

Was nicht mit dem Lob von Arbeitshunden zu verwechseln ist, wenn sie einen guten Job gemacht haben, denn hier ist es eine positive Bestätigung, für gutes Handeln. Die geschieht aber weniger euphorisch, sondern meist mit einem mündlichen Lob, wobei der Hund hier den Tonfall und die Gestik wahrnimmt …und bewertet.

Missverständnisse

Was meist daran liegt, dass Zwei- und Vierbeiner oft nicht die gleiche Sprache sprechen, so dass der eine ganz einfach nicht versteht, was der andere möchte. Gehen wir einmal davon aus, sie erlauben Ihrem Hund auf ihr Sofa zu springen und sich dort gelegentlich eine gemütliche Liegestelle einzurichten. Davon mal abgesehen, dass Ihr Vierbeiner denkt er sei in der Rudel Hierarchie aufgestiegen, liegt er von nun an öfters auf diesem gemütlichen Plätzchen.

Irgendwann fällt Ihnen das auch gar nicht mehr auf. Eines Tages möchten Sie sich aber selbst auf diese Stelle legen und rufen zu Ihrem Mitbewohner: Runter. Ihre Ansage ist deutlich und klar  leider nur für Menschen. Der Hund versteht aber Ihr Verhalten nicht. Entweder räumt er missmutig dennoch sein Lieblingsplätzchen oder er verteidigt sein Eigentum. Damit keine Missverständnisse aufkommen: Es ist kein Problem, wenn Ihr Hund zu Ihnen aufs Sofa kommt. Aber es ist eins, wenn Sie es ihm ausdrücklich erlauben oder der kleine Racker sich wie selbstverständlich auf dem Sofa bereit macht. Sorgen Sie also von Anfang an für klare Regeln, bei denen der Hund in seiner Gedankenwelt verankert: Das Sofa ist der Platz von unserem Rudel-Chef.

Der Kampf um den begehrten Sofaplatz ist nur ein Beispiel, welches aber auf viele andere Situationen übertragbar ist.

Wir können durch unser Auftreten und Verhalten das Denken unseres Hundes beeinflussen, wenn wir die Hundewelt und ihre Rudelgesetze kennen.

Euer H.P.Schaarschmidt
www.schaf-land.de

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