Neues und Kurioses

Border Collies, Schafe …und tägliche Überraschungen

26.09.2016

Berichte aus dem wahren Leben. Von Hardi P. Schaarschmidt

Scottish Blackface Lamm
Scottish Blackface Lamm, the Next Generation, Foto: Ⓒ Jasemin Be

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Immer wenn wir glauben, das geht schnell, wir haben alles im Griff, lauert bereits der „Wahnsinn“ hinter der nächsten Ecke. Border Collies bei der Arbeit heißt meistens Schafe auf eine andere Weide umtreiben. Das ist ok und diesen Job beherrschen sie wie kein anderer „Kollege“. Ein gut ausgebildeter Border Collie ersetzt 3-4 Mitarbeiter, doch vor der perfekten Arbeit hat der „Liebe Herrgott“ Ausbildung, Fleiß und Schweiß gesetzt.

Heute kann ich mit diesen vierbeinigen „Raketen“ umgehen, doch vor Jahren, als der erste Spezialist zu mir gekommen ist, brachte er Chaos in mein Leben und das ist wörtlich zu nehmen. Ich war vollkommen von der Last des Border Collie Wissens befreit, der Hund unausgebildet und die Schafe meist im gestreckten Galopp unterwegs. Eigentlich war alles noch viel schlimmer als ohne Hund. Habe ich den Hund abgelegt, hätte ich auch mit meinem Ersatzrad sprechen können, dass wäre sicher aufmerksamer gewesen.

Zwischen Wahnsinn und Genie

So ging das Treiben einige Zeit. Die Arbeit war chaotisch, die Schafe unruhig, der Hund traf seine „eigenen Entscheidungen“ und meine Nerven wurden arg strapaziert. Irgendwie brachte ich den ganzen Laden nicht unter Kontrolle, dass man in Ruhe hätte arbeiten können. In einen fast schon verzweifelten Moment, kam mir die späte Einsicht, „Mist, von Border Collies habe ich einfach keine Ahnung“. Genau diese „Erleuchtung“, das ich nichts wusste und konnte, war der Schlüssel zu dem ganzen Dilemma, denn der Border Collie ist nicht nur einfach ein Hund, sondern ein echter Spezialist. Immer hart an der Grenze zwischen Wahnsinn und Genie. Für Außenstehende hört sich das etwas dramatisch an, aber in späteren Kapiteln komme ich auf diese einmalige „Mischung“ zurück und ihr werdet staunen, welche Fähigkeiten in diesem Hund schlummern! Oder haltet ihr es für „normal“, seinen Hund auf einer Entfernung von 600m dirigieren zu können?

Am Anfang waren die Schafe

Schafe umtreiben
Schafe umtreiben heute. Foto: © Hardi P. Schaarschmidt

So sieht das Umtreiben heute aus: Ich dirigiere mittels spezieller Hütepfeife meine Border Collies. (Der kleine „Punkt“ hinter den Schafen ist ein Border Collie bei der Arbeit). Wie hat das aber alles angefangen, und wie lief es bevor diese vierbeinigen Spezialisten zu mir gekommen sind?

Beginnen wir doch am besten nochmal ganz am Anfang. Da gab es nur die Schafe, aber weit und breit keinen Hund. Wollte ich meine „Mädels“ auf eine andere Fläche bringen, brauchte ich drei Dinge: Einen vollen Futtereimer, Netze und viel Zeit. Sind die Schafe dann doch ausgebüchst und waren auf der Flucht, hatte ich ein wirkliches Problem, denn ich könnte so viel Sprinttraining machen wie ich will, die „Damen“ hole ich nie ein. Also stellte ich an kritischen Stellen Netze auf, so dass die ganze Aktion immer unter Kontrolle blieb …zumindest hoffte ich das. Meist hat es geklappt, doch waren sie dann wirklich einmal auf Abwegen, brauchte ich zahlreiche Verstärkung aus der Nachbarschaft und das fand nicht jeder lustig, wenn ich ihn vom Abendessen wegholte.

Schweine mästen und Schafe züchten

Meine Nachbarn waren Schweine-Bauern und hatten nur eins im Sinn: Wie bekomme ich meine Tier so schnell wie möglich fett und schlachtreif. Tierhaltung kannten sie nur in Zusammenhang mit dem Mast-Gedanken. Umso kritischer betrachteten sie meine „merkwürdige“ Aufzucht. Die Lämmer nach 3 Monaten nicht schlachtreif, sie bei der Mutter belassen und keine Mast? „Das ist nicht gut, die hungern sich doch groß“. Diesen Spruch musste ich mir öfters gefallen lassen und da half auch nicht der Hinweis auf natürliche Haltung. Irgendwie trafen bei Bauer Heinrich und mir zwei Welten aufeinander.

Schwarz-weiße Raketen

Als Schafzüchter tausche ich mich natürlich auch mit anderen „schafverrückten“ aus. Dafür habe ich eine „Wunderwaffe“, das Internet. Das www überschüttet mich gerade zu mit Informationen und ich habe die anspruchsvolle Aufgabe, Müll von Nützlichem zu trennen  nicht immer einfach. Neben Informationen bekommt man aber auch Kontakt zu Gleichgesinnten. Nicht nur Old Germany, sondern auch Holland und Österreich gehören zu meinen Schaf-Kontakten. Neben diesen ganzen wunderbaren Internetbekanntschaften gibt es in Deutschland auch einige Plattformen, auf denen man sich anmelden und in der Gruppe „unterhalten“ kann. Auf einer solchen Internetseite traf ich Schäfer Jan. Jan berichtete von seinem Familienbetrieb mit Rindern, 1.300 Schafen und 10 Border Collies. Wow dachte ich, den kannst du „ausfragen“ und von ihm lernen. So war es dann auch, er berichtete von seinem Alltag und der Arbeit mit seinen Hütehunden und ich löcherte ihn mit Fragen zu den schwarz-weißen Raketen, auch Border Collies genannt.

Schaffe ich mir jemals einen dieser vierbeinigen Kollegen an, sollte es eine „Dame“ und Kurzhaar sein. Meine Überlegungen waren, was sollte ich bei schlechtem Wetter mit einem langhaarigen Hund? Rein in die Matsche, arbeiten und dann waschen? Ich fand einen kurzhaarigen „Kollegen“ einfach praktischer auch das diskutierte ich mit Schäfer Jan. Eines schönen Tages schaltete ich mein Laptop an und fand eine Mail von Jan in meinem Postfach, die mein Leben komplett auf den Kopf stellen sollte: „Hallo, ich habe hier zwei Border Collie Welpen aus der Arbeitslinie und bin nächste Woche in deiner Nähe, willst du sie mal ansehen“? Nach diesem Treffen war nichts mehr wie es war, denn diese vierbeinigen Spezialisten traten in mein Leben  aber das ist bereits ein neues Kapitel.

Hardi P. Schaarschmidt hat insgesamt 120 Scottisch Blackface Schafe, zwei Border Collies und ca. 10 Hektar Weideland, betreibt zahlreiche Projekte und schreibt Schaf- Border Collie Geschichten auf seinem Blog: www.hardi-schaarschmidt.de. Demnächst erscheint sein erstes Buch: „Alles wieder auf Anfang: Hund- & Schaf Geschichten: humorvoll, selbstkritisch und mit unbequemen Wahrheiten“

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